Die schützende Hand von Wolfgang Schorlau

Die schützende Hand von Wolfgang Schorlau

12.11.2015

Die Morde des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrundes, der rechtsextremen Terrorgruppe NSU, bilden den Hintergrund für den neuen Krimi von Wolfgang Schorlau. hr-iNFO Büchercheckerin Karin Trappe hat den Roman gelesen.

Worum geht es?
Wer erschoss Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt? So lautet der anonyme Auftrag für Privatermittler Dengler. Nichts einfacher als das, denkt sich Dengler, ist dies doch ausreichend ermittelt worden. Aber Dengler kommen schnell Zweifel. Er recherchiert, gelangt auch an interne Ermittlungsergebnisse, und am Ende steht für ihn fest, so, wie es dargestellt wird, kann es nicht gewesen sein. Polizei und Staatsschützer haben bei den Ermittlungen nicht nur geschlampt sondern voraussichtlich sogar manipuliert.

Wie ist es geschrieben?
Wolfgang Schorlau ist bekannt für akribisch recherchierte Kriminalromane. Diesmal ist der Krimi fast dokumentarisch. Die Rahmenhandlung nimmt nur einen geringen Platz ein.

„Ich habe mich nicht geirrt, sagte Dengler, als er zu Olga in die Küche zurückkam. Laut Bericht waren es drei Schüsse, drei Schüsse innerhalb von zwanzig Sekunden. Er hielt inne. Wobei die Streifenpolizisten von Knallgeräuschen gesprochen haben. Der Kollege, der das Protokoll aufnahm, machte Schüsse daraus. Aber es waren ja wohl tatsächlich Schüsse. Olga sah ihn an: Zwanzig Sekunden! Überleg‘ doch mal. Innerhalb von zwanzig Sekunden entschließen sich erstens Mundlos und Böhnhardt zum Selbstmord, zweitens erschießt Mundlos den Böhnhardt, drittens legt Mundlos Feuer, viertens erschießt Mundlos sich selbst. Alles innerhalb von zwanzig Sekunden, kann das sein? Das glaubst Du doch selbst nicht. Natürlich nicht, sagte Dengler. Das ist unmöglich. Kann es sein, fragte Olga, trank einen kleinen Schluck und sah ihn an, kann es sein, dass wir hier wieder Deinen alten Freund Harry Nopper bei der Arbeit beobachten? Dengler lachte. Nopper mag es lieben, seelisch kranke Menschen zu erpressen und als V-Leute anzuwerben, aber der Verfassungsschutz mordet nicht. Olga zuckte die Schultern. Wenn Du meinst.“

Wie gefällt es?
Ich habe das Buch mit zunehmender Beunruhigung gelesen. Da sind zu viele Fakten, die gegen die offizielle Version der Todesfälle von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt sprechen. Fakten, die den Ermittlungsbehörden bekannt sind, und trotzdem wird an der vorgegebenen Lesart nicht gerüttelt. Wolfgang Schorlaus „Die schützende Hand“ ist ein hochbrisanter, spannend geschriebener, am Ende aber auch aufgrund seiner politischen Aktualität irritierender Krimi. Höchst empfehlenswert.

hr-iNFO

14,99 € inkl. MwSt.
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Paperback, 384 S., 16 s/w Abbildungen
Sprache: Deutsch
Verlag Kiepenheuer & Witsch GmbH & Co KG
ISBN: 9783462046663